Auf dem Framework 2nd Gen Event in San Francisco wurde der neue Framework Desktop vorgestellt. Wir durften das Gerät anschließend in den heiligen Hallen komplett auseinandernehmen. Nachdem Framework schon den Laptop in Bezug auf Reparierbarkeit revolutioniert hatte, freuen wir uns nun darauf zu sehen, wie dieses Ethos auch auf Desktops übertragen wurde.
Der Desktop ist nicht irgendein PC – es handelt sich hier um ein KI-Kraftpaket in einem modularen, reparierbaren Format. Er ist darauf ausgelegt sowohl alltägliche PC-Aufgaben als auch umfangreiche KI-Modelle und anspruchsvolle Spiele (zumindest für eine APU) zu bewältigen. Obwohl der Markt für kompakte KI-PCs noch recht überschaubar ist, stellt dieser Rechner den bisher zukunftssichersten und offensten Vertreter in diesem Segment dar.
Framework-Philosophie im Desktop-Format
Wer Framework kennt, weiß: Reparierbarkeit, Aufrüstbarkeit und Nachhaltigkeit stehen im Mittelpunkt. Dieser Desktop bildet da keine Ausnahme. Auf offenen PC-Standards basierend, bietet er werkzeugfrei zu öffnende Gehäuseteile, standardisierte Anschlüsse und wo immer möglich handelsübliche Komponenten. Das bedeutet unkomplizierte Demontage, stressfreie Upgrades und ein Gerät, das für Langlebigkeit konzipiert wurde.
Wir sind beeindruckt noch bevor wir überhaupt einen Schraubenzieher in die Hand genommen haben: Die Gehäuseteile? Rändelschrauben und Magnete. Die Kühlung? Ein Noctua- (oder Cooler Master-) Lüfter, der sich problemlos gegen jeden 120-mm-Lüfter austauschen lässt. Speicher? M.2 SSDs, beide leicht zugänglich. Genau diese Art von durchdachtem Design wünschen wir uns für jedes elektronische Gerät.
Aber sind PCs nicht bereits modular und reparierbar?
Es stimmt, dass Desktops schon lange besser zu reparieren sind als Laptops. Standardisierte Komponenten wie ATX-Motherboards, PCIe-Erweiterungssteckplätze und handelsübliche Speichermedien ermöglichen den meisten Bastlern, Teile einfach auszutauschen. Doch das Framework-Modell geht mit werkzeugfreien Paneelen, einem modularen I/O-System und einem klaren Fokus auf Reparierbarkeit noch einen Schritt weiter – und das trotz der technischen Einschränkungen, die das KI-orientierte Design mit sich bringt. Wir erwarten zum Verkaufsstart eine hochwertige Reparaturdokumentation im bekannten Framework-Stil. In einer Zeit, in der Hersteller zunehmend Firmware und BIOS-Einstellungen abschotten (und gleichzeitig Nutzer mit invasiven „Features“ konfrontieren), ist Frameworks Engagement für offene Hardware ein willkommener Lichtblick.

KI und Gaming: Ein Kraftpaket für deinen Schreibtisch
Der Framework Desktop ist nicht nur modular und reparierbar – er ist eine leistungsstarke KI-Maschine, die auch Spielepower verspricht. Sein Herzstück ist der AMD Ryzen AI Max, ein fortschrittlicher Prozessor mit einer integrierten Radeon 8060S GPU, die Grafikleistung auf dem Niveau eigenständiger Grafikkarten liefert. Das ist nicht nur Marketinggerede – mit bis zu 96 GB für die GPU reserviertem Speicher kann diese Maschine umfangreiche KI-Modelle lokal ausführen und große LLMs wie Llama 3.3 70B in Echtzeit berechnen. Direkt einsatzbereit laufen Ollama, llama.cpp und andere Open-Source-Tools problemlos unter Windows und Linux, mit Unterstützung für Meta’s Llama, Nous‘ Hermes, DeepSeek und weitere moderne Modelle.
Im Spielebereich sorgt die leistungsfähige Radeon-Grafik für flüssige Darstellung aktueller Games. Das kompakte Mini-ITX-Format ermöglicht platzsparende Aufbauten und eignet sich hervorragend für Rackmount-Clustering – und das zu einem erstaunlich günstigen Preis.
Der Teardown: Problemlos mit kleinen Überraschungen
Das Zerlegen des Geräts war genauso einfach, wie wir es von Framework gewohnt sind. Für die Demontage wurden wir eigens ins Hauptquartier eingeladen und vom ersten Schritt an war klar: Dieser Desktop wurde konzipiert, um geöffnet zu werden.
Die Abdeckungen ließen sich einfach abnehmen – wir konnten fast alle Komponenten im Inneren sehen, bevor wir einen Schraubenzieher in die Hand genommen haben. Der Noctua-Lüfter und die beiden M.2-SSDs waren leicht zugänglich und konnten mit nur wenigen Schrauben entfernt werden.
Wir haben uns gefreut, dass sich an der Unterseite zwei Erweiterungskarten mit USB-C-Anschlüssen befinden, die für Framework typisch sind. Wie bei den Framework Laptops kannst du auch beim Framework Desktop die I/O-Karten nach Belieben austauschen und so die Anschlüsse auswählen, die für dich am besten geeignet sind.
Die Hauptplatine wird von vier Schrauben gehalten – wir hatten einen kleinen Hänger mit dem vorderen I/O-Panel, aber nachdem wir auch das entfernt hatten, verlief der Ausbau des Motherboards ebenso problemlos wie der Rest.
Die große Frage: Warum ist der Arbeitsspeicher verlötet?
Wir wissen, was du jetzt denkst. „Framework? Verlöteter RAM? Was ist da los?“ Und ja, genau das haben wir uns auch gefragt.
Nirav Patel, CEO von Framework, erklärte auf der Veranstaltung, dass sie eng mit AMD zusammengearbeitet haben, um herauszufinden, wie der modulare LPCAMM-Speicher mit den gewünschten Spezifikationen funktionieren kann. In einem Interview mit Linus Tech Tips erläuterte er:
„Wir haben AMD tatsächlich danach gefragt, als sie uns erstmals von Strix Halo berichteten. Es war buchstäblich unsere erste Frage: ‚Wie können wir modularen Speicher implementieren? Wir sind schließlich Framework.‘ Und sie sagten nicht nein, sondern betrauten sogar einen ihrer leitenden Systemdesigner damit, tief in das Thema einzusteigen – sie führten Simulationen und Studien durch und mussten doch letztendlich feststellen, dass es mit Strix Halo nicht möglich ist, LPCAMM zu nutzen. Die Signalintegrität funktioniert nicht, da der Speicher über den 256-Bit-Bus aufgefächert wird.“
Kurz gesagt: Ein steckbarer Arbeitsspeicher hätte die Leistung drastisch beeinträchtigt – möglicherweise die Bandbreite halbiert. Framework steht zwar für Reparierbarkeit, war aber nicht bereit, dafür Kompromisse bei der Geschwindigkeit einzugehen. Wir respektieren dieses Maß an Transparenz.
Fazit: Eine neue Ära für reparierbare Desktops
Der Framework Desktop ist ein spannender Schritt vorwärts. Er ist ein echter PC nach offenen Standards mit durchgängiger Modularität. Natürlich ist der verlötete Arbeitsspeicher nicht ideal, aber alles andere wurde für einfache Reparatur und Aufrüstung konzipiert – genau wie es sein sollte.
Wir können noch keine Bewertung der Reparierbarkeit vergeben, da es sich um ein Vorserienmodell handelte, aber sobald wir die finale Version in Händen halten, werden wir das nachholen. Wenn Framework diesen Grad an Zugänglichkeit beibehält, erwarten wir eine sehr hohe Punktzahl.
Im Moment sind wir einfach gespannt auf die nächsten Entwicklungen. Wenn Framework die Branche weiter vorantreibt, sehen wir vielleicht eines Tages eine Welt, in der jedes Gerät so gut reparierbar ist.
0 comentários